Ein Bericht von Luis Haag, 11a
Einmal den American Dream leben, das konnte ich im Schuljahr 2024/2025 erleben. Mich hat es dafür in das sonnige Texas verschlagen, genauer gesagt nach Tomball, nur wenige Minuten nördlich von Houston. Nachdem ich meine Gastfamilie nicht einmal eine Woche vor Abflug erst in der letzten Schulwoche bekam, mussten die letzten Planungen wohlorganisiert und zügig erfolgen, um für den Flug bereit zu sein. Das ganze ´Abenteuer Auslandsjahr´ hatte aber schon über ein Jahr zuvor angefangen; mit der abgeschickten Bewerbung im Oktober, der ersten Gastfamilie im November, die dann aber aus gesundheitlichen Problemen abgesprungen ist, Vorbereitungsseminaren und dem Visumsbeantragung Ende April.
Als es dann fast soweit war, sind wir am Tag vor dem Abflug nach Frankfurt gefahren, um eine entspannte Abreise und eine schöne letzte Zeit zusammen mit der Familie zu verbringen. Vom Hotel ging es dann nach dem Frühstück entspannt ins Terminal, wo ich auch schon mit anderen Austauschschülern verabredet war, die ich bereits aus den Seminaren und aus unseren Gruppen kannte. Nach einigen wirklich eindrucksvollen Tagen in New York bin ich dann am heißesten Tag des Jahres, bei über 40 Grad im ‚Lone Star State’ angekommen und das erste Mal meiner Gastfamilie begegnet. Anders als befürchtet, war dieses erste Aufeinandertreffen jedoch sofort sehr herzlich und ich wusste, dass ich hier schon bald ein Zuhause haben werden. Nachdem mir die Hitze sofort entgegenschlug als wir den Flughafen verließen, sind wir direkt zu Texas Roadhouse gegangen, um dort mein erstes Steak in Amerika zu essen. Generell ist es hier in Texas sehr schwer vegetarisch zu leben, da es zum Beispiel bei meiner Gastfamilie jeden Tag Fleisch gibt und oftmals nicht einmal eine vegetarische Option. Die ersten Tage bevor die Schule begann, vergingen wie im Flug. Ausflüge, Familie kennenlernen, Essen gehen, Baseballspiele, Kennenlernen der Schule, Freunde finden, Sportclubs.
Der erste Schultag war nichtsdestotrotz überwältigend. Als 6A Schule und damit eine der größten Schulen in den USA mit über 4000 Schülern und gefühlt endlosen Fluren, Menschenmengen und drei Essensschichten, ist das auf alle Fälle ein anderes Kaliber als das Hilde. Schon am ersten Tag fand ich allerdings meine ersten Freunde im Unterricht, in ROTC und unserem dortigen Leichtathletik Team. AFJROTC, ist sozusagen eine Junioren Variante der Air Force, das eine Art Zusammensetzung aus Luft und Raumfahrt, Militärwissen, Marschieren und Leichtathletik ist, wobei einen ehemaligen Soldaten unterrichten. Wenngleich das in Deutschland wohl unvorstellbar wäre, war es eine meiner besten Entscheidungen an etwas so unvergleichbarem und typisch Amerikanischem teilzunehmen.
Generell verging die erste Zeit wie im Flug, gefolgt von einer Phase, in der es einige Aufs und Abs gab. Vor allem die Größe der Schule und Probleme mit dem Stundenplan haben meine Laune hier getrübt. Zum Glück hatte ich hier allerdings tolle Freunde, Lehrer und auch meine Gastfamilie, die mir immer zuhilfe eilen konnten. In den USA kann man ja verschiedene Schwierigkeitsgrade in seinen Klassen wählen, also beispielsweise AP und Dual Credit Courses, die Universitätsniveau entsprechen. Nachdem ich dies getan hatte und dies auch gegen die anfängliche Unwilligkeit meiner Counselorin ermöglicht wurde, fühlte ich mich deutlich wohler und geforderter. Denn wenn man ambitioniert ist, kann das US Schulsystem so durchaus mit dem Deutschen mithalten. Gerade der Wettbewerbsgeist ist aber auch etwas, an dem ich großen Gefallen gefunden habe. Von State Championships über Leichtathletik Wettkämpfe, Akademische Wettbewerbe, Honor Societies, Officer Elections und Volunteer Service.
Allgemein gab es so viele Highlights in meinem Auslandsjahr, von Football Games über Homecoming, Prom, Graduation, verschiedenste Banquets oder Bälle, Award Ceremonies, Urlaube, unzählige Erlebnisse mit Freunden, Rodeos, Konzerte, Thanksgiving, kreolischem Cajun Essen und mexikanischen Leckereien bis hin zu nächtlichen Whataburger Trips. Tägliches Sporttraining nach der Schule und zeitweise auch zuvor, buchstäblich 50 Feueralarme, wegen der zahlreichen ‚vapenden‘ Schüler und LockDowns wegen Amokgefahr. Einmal gab es sogar eine aktive Bedrohung mit einer Schusswaffe in der Schule. Mit Sicherheit ein Jahr, das ich nicht mehr vergessen werde.
Aber noch viel wichtiger als all die Erlebnisse, ist was dieses Jahr mit einem selbst gemacht hat. Man wächst unheimlich in so einem Jahr, baut sich letztendlich ein zweites Zuhause auf, mit Freunden und Erlebnissen, die man nie mehr missen möchte. Man durchlebt Höhen und Tiefen, muss Lösungen für Probleme finden, die man zuvor nie für möglich gehalten hätte. Von Schule, über Sport, Freunde, den Immigrationsbeamten oder Versicherungsangelegenheiten. Darüber hinaus ist es auch wichtig, seine eigene Kultur und Perspektiven zu teilen. Gerade in Zeiten solch kontroverser politischer, religiöser und gesellschaftlicher Verhältnisse.
In diesem Jahr, erlebt man so viel wie sonst in einem halben Leben. Und ich kann nur sagen, dass es absolut wert ist, in eine andere Kultur einzutauchen, andere Perspektiven zu verstehen und vor allem Spaß zu haben.
Also „go for it“.
Luis Haag